Heute möchte ich Euch unser neues Wohnmobil, den Hymer Exsis I-414 vorstellen und erzählen, wie es dazu kam. Vor circa einem Jahr haben wir unseren Pössl Kastenwagen verkauft. Damals dachten wir noch, das Corona schon bald vorüber ist und die Welt sich von der Pandemie schnell erholt. Wir hätten im Traum nicht daran gedacht, das 12 Monate später die Einschränkungen immer noch gelten und wir schon wieder vor einem Lockdown stehen. An Urlaube mit unserem Tabbert Wohnwagen ist noch gar nicht zu denken. Die Campingplätze sind noch geschlossen und es ist noch gar nicht abzusehen, wann sie wieder öffnen. Dazu kommt, das wir uns bei der Impf-Reihenfolge aufgrund des Alters ganz hinten anstellen dürfen. Bei den spärlichen Verteilungsmengen dürfte das wohl auch noch lange dauern. Da erinnert man sich gerne an schönere Zeiten. Und was wäre nicht alles möglich gewesen, hätten wir den Pössl bloß nicht verkauft. Hätte, hätte…. tollste Ideen. So kam der Spleen auf, doch mal zu schauen, was sich auf dem Wohnmobilmarkt so tut. Aber es ist doch alles, wegen des Campingbooms, so überteuert, oder?
Die Erfahrungen durch den Pössl Roadcruiser konnten wir für die Suche des Wunschmobils gut nutzen. Das Alter des Pössl mit 5 Jahren war schon ganz gut gewählt. Alles ist noch heile, aber nicht abgenutzt. Die Motorleistung von 150 PS ist für die 3,5 Tonnen Gewicht super geeignet. Das neue Wohnmobil darf aber ruhig etwas kürzer sein, falls ich mal wieder ganz alleine fahren möchte. Außerdem gibt es Vorteile auf den Fähren und bei Mautbedingungen einzelner Länder, wenn man unter 6 Metern Länge bleibt. Trotzdem soll es eine etwas bequemere Sitzecke haben. Zwei getrennte Betten wären auch nicht schlecht, damit ein Kind ein eigenes Reich hat oder falls mal ein Freund mitkommen möchte. Einen Dusch/Toilettenraum mit Tür würde ich ebenfalls bevorzugen. Das Raumbad des Pössl hat mir nicht gefallen. Dazu eine Heckgarage, wo zwei E-Fahrräder plus Tisch und Stühle Platz finden, wäre auch ganz toll. So etwas gibt es aber gar nicht. Und wenn ich so ein Wohnmobil finden würde, ist dann der Wohnwagen nicht völlig überflüssig?
Also habe ich, natürlich ganz unverbindlich, die gängigen Börsen durchforstet. Ein Kastenwagen scheidet bei den genannten Bedingungen aus. Nebenbei war ich auch ganz überrascht, welchen Preissprung diese Gattung im letzten Jahr gemacht hat. Als erstes fiel mir ein VW Colorado auf. Den gibt es mit Sitzecke im Heck, welche man zum Bett umbauen kann und einer Kovage. Diese Wortfindung stammt von meiner Tochter, die damit einen Alkoven meint. Leider sind die Colorados aufgrund Ihrer VW-Bulli-Basis sehr selten, sehr begehrt, sehr teuer und meistens sehr alt. Einmal wurde tatsächlich ein 8 Jahre altes Modell, mit einer annehmbaren Laufleistung unter 100.000 Kilometern angeboten. Leider schon verkauft. Ein Modell mit regulärem Alkoven sollte es dann doch nicht sein. Die wirken auf mich immer so klobig.
Dann blieb ich bei einem vollintegrierten Wohnmobil hängen. Als Erfinder dieses Typs gilt die Firma Hymer. Die Vollintegrierten zählen zu den teuersten Wohnmobilen. Der gesamte Aufbau wird dabei durch den Wohnmobil-Hersteller konstruiert. Nur das Fahrgestell wird eingekauft. Die meisten dieser Mobile haben über den Fahrersitzen ein Hubbett eingebaut, welches zum Schlafen herunter geklappt wird. So ist es möglich zwei getrennte Betten unterzubringen. Der Aufbau ist circa 20 Zentimeter breiter als bei einem Kastenwagen. Dieser Platzgewinn kommt dem Innenraum zugute und kann z.B. für eine L-Sitzgruppe und ein breiteres Bad genutzt werden. Das hintere Bett wird häufig höher eingebaut. Unter dem Bett befindet sich dann die Heckgarage, in der auch Fahrräder oder ein kleines Motorrad mitgenommen werden kann. Das würde zu unserer Wunschausstattung passen. Mein Suchauftrag war nun bekannt.
Es dauerte gar nicht lange, bis ich auf den Hymer Exsis gestoßen bin. Es ist die günstigste Möglichkeit bei Hymer ein vollintegriertes Wohnmobil zu kaufen. Natürlich bieten viele Hersteller ähnliche Modelle an. Aber irgendwie ist es wie mit einem VW Golf. Er ist das Maß, welches zu erreichen gilt. Der Hymer Exsis wird in verschiedenen Längen und Ausstattungen angeboten. Da ich unter 6 Metern Länge bleiben wollte, blieb nur der Hymer Exsis I-414 übrig. Und hat man erstmal das genaue Ziel ins Auge gefasst, ist es auch schnell fixiert.
Es wurden nur 3 Fahrzeuge angeboten. Eines dieser Angebote war aus privater Hand mit einem etwas geringerem Preis. Das weckte mein Interesse. Die Bilder in der Anzeige waren nicht von einem Profi gemacht. Das war nicht schlimm, aber sie zeigten nicht alle Details vom Fahrzeug. Der Text war recht kurz gehalten, beinhaltete aber das Wesentliche. So konnte ich die wichtigsten Ausstattungsdetails wie z.B. Sat-Antenne, Solaranlage und AHK herauslesen. Ein erstes Gespräch lief vielversprechend. In den folgenden Tagen telefonierten und schrieben wir öfter hin und her. Alle Fragen wurden zu meiner Zufriedenheit beantwortet. Ebenfalls bekam ich alle gewünschten Fotos. Natürlich stand der Hymer Exsis wieder ganz auf der anderen Seite Deutschlands – in Freiburg. Im Gegensatz zur Besichtigung des Tabberts ist es diesmal aber nicht möglich, eine Übernachtung im Hotel zu buchen. Also bleibt nur die Hin- und Rückfahrt an einem Tag oder die Übernachtung im Wohnmobil nach dem Kauf. Da fahre ich wirklich nur los, wenn ich mir sicher bin, das ich den Hymer Exsis I-414 auf wirklich kaufen möchte.
Am Karfreitag morgen um 4 Uhr ging unsere Reise los. Wir hatten, bis auf einen kleinen Stau, kaum Verkehr unterwegs. So standen wir schon um 10.15 Uhr bei Schauinsland am Wohnmobil. Der erste Eindruck war schon mal sehr positiv. Zum Glück hatten wir noch schönes Wetter mit +12° Celsius während der Besichtigung. Im Norden sind die Temperaturen schon bis nahe des Gefrierpunktes gesunken. Wir wurden freundlich begrüßt und ein Kaffee angeboten. Den verschoben wir auf nach der Besichtigung.
Als erstes suchten wir die Außenhaut nach Schäden ab. Die Schramme an der Abdeckung hinten rechts sah in der Realität gar nicht so schlimm wie auf dem Foto aus. Ansonsten stellten wir keine Beschädigungen fest. Nur die Hinterreifen waren älter als angegeben. Sie sind aus dem Jahre 2014 und nicht wie die Vorderreifen aus 2017. Die DOT-Nr. war aber auf der Innenseite der Reifen angebracht und nur durch ein Foto, welches ich mit der Smartphone-Kamera anfertigte, zu sehen.
Dann ging es in den Innenraum. Auf dem Bild der Fahrerkabine fiel mir vorab ein leichter Schatten am Himmel rechts auf. Das untersuchte ich als erstes. Es stellte sich heraus, das die Bodenplatte des Hubbettes leicht eingedrückt war. Wahrscheinlich war beim herunterklappen des Bettes einmal die rechte Sitzlehne nicht weit genug herunter geklappt. Der Schaden schränkt die Funktion jedoch nicht ein, da sich noch ein Holzlattenrost oben drüber befindet.
Das war’s dann schon mit dem Negativen. Die weitere Untersuchung des Innenraums ergab nur positive Eindrücke. Die L-Sitzgruppe des Wagens ist wirklich bequemer als im Kastenwagen. Es sind dort noch zwei weitere Sitzplätze eingetragen und mit Gurt versehen. So können insgesamt 4 Personen mitfahren.
Über der Eingangstür befindet sich die Schaltzentrale des Hymer Exsis. Das Panel informiert über den Zustand der Batterien und des Wasservorrats. Daneben befindet sich der Hauptschalter der Wasserpumpe. Der Schalter ganz rechts ist für die Heizungsregelung und das Warmwasser.
An die Sitzgruppe schließt sich die Küche an. Sie ist mit Kühlschrank inklusive Eisfach, Spüle und 3-flammigen Kocher ausgestattet. Im Eingang an der Seite, unter der Abdeckung, befindet sich der Fernseher samt Gelenk-Halter. Das hatte ich so vorher noch nicht gesehen. Wie ich finde, ist das super gelöst. Hinter der Küche befindet sich links der Kleiderschrank mit Schubladen darunter.
Gegenüber auf der rechten Seite ist das Bad. Es ist mit Klappwaschbecken, Toilette und Spiegelschrank ausgestattet. Es ist auch möglich, darin zu Duschen. Der Zugang erfolgt durch eine richtige Tür. So wollten wir es haben. Am Ende des Wagens steht ein weiteres, 1,40 Meter breites Bett zur Verfügung. Oberhalb gibt es Regale und Staufächer.
Darunter ist die Heckgarage, die von beiden Seiten zugänglich ist. Mein Fahrrad passt ohne Mühe durch die Tür. Dort gibt es noch eine Regalwand mit einem Fach für 2x 11-Kilo Gasflaschen auf der linken Seite. Ebenfalls dort angebracht ist eine Außendusche mit Warm- und Kaltwasser. Unter der Fußmatte befindet sich ebenfalls noch ein Staufach mit einer Holzplatte als Abdeckung. Die Heckgarage darf mit 250 Kg beladen werden.
Die ganze Ausstattung des hier angebotenen Hymer Exsis I-414 ist sehr umfangreich bis fast komplett. Ich vermisse erstmal gar nichts. Er hat eine Solaranlage, eine automatische Satanlage, Fernseher, eine Anhängerkupplung, extra Hubstützen, eine zusätzliche Fahrertür und noch viele mehr. Da wir den Preis schon am Telefon ausgehandelt hatten, war die Verkäuferin auch nicht mehr bereit, noch etwas am Preis nachzulassen. Das habe ich aber auch nicht erwartet und doch probiert. Nach der Besichtigung gab es noch den versprochenen Kaffee zur Vertragsunterschrift.
Zufrieden machten wir uns wieder auf den Heimweg. Da ich nun endlich wieder ein Wohnmobil besitze, wollte ich gleich die erste Nacht darin verbringen und alles testen. Mein Mitfahrer zog noch am selben Tag bis nach Hause durch. Ich bog in Göttingen von der Autobahn ab und fuhr zum Badeparadies Eiswiesen. Durch Corona war das Bad zwar noch geschlossen und die Wohnmobilplätze noch nicht in Betrieb. Aber hinstellen und übernachten ging natürlich trotzdem. Ein tolles Gefühl. Am nächsten Tag setzte ich die Reise problemlos bis nach Hause fort.
Nach unserem Kastenwagen Luigi Guglielmo begleitet uns fortan die liebe Hilde Hymer.
Beim ausgiebigen Testen aller Funktionen ist mir dann doch ein Fehler aufgefallen. Wenn ich die Brause im Bad anstelle und das Wasser ins Waschbecken laufen lasse, regnet es unter dem Fahrzeug aus dem Fahrgestell. Das ist wohl wirklich nicht so gewollt. Der Fehler war schnell gefunden. Die Vorbesitzerin erzählte mir beim Verkauf von dem defekten Waschbecken, welches vor kurzem ausgetauscht wurde. Leider wurde bei der Reparatur der Spiralschlauch beschädigt, sodass das Wasser sich den Weg durch das Toilettenfach in den Zwischenboden sucht und von dort aus einen anderen Ausgang findet. Nachdem ich den Schlauch ausgewechselt habe, ist alles wieder in Ordnung.
Unsere erste Tour haben wir mittlerweile auch absolviert. Bei einem Besuch auf der Elbinsel Krautsand konnten wir alles ausgiebig testen. Dabei ist mir aufgefallen, das wir ohne Zündung gar kein Radio hören können. Als Lösung habe ich einen Schalter eingebaut, an dem wir nun zwischen Strom über Zündung während der Fahrt und von der Aufbaubatterie beim Stehen wählen kann.
Die Betten sind sehr bequem. Es ist tatsächlich möglich, mit 4 Personen im Hymer Exsis zu schlafen. Auf Dauer wäre es mir aber zu eng. Die Sitzecke reicht auch mal für 4 Personen. Einen langen Urlaub möchte ich aber nicht zu viert darin machen. Da ist der Stress vorprogrammiert.
Auf der Rückfahrt von Krautsand sind wir noch auf eine Waage gefahren. Wir hatten unsere Fahrräder nicht dabei und Wasser und Gas war zu 50% gefüllt. Ansonsten hatten wir alle Ausstattung mit. Ich war sehr überrascht, das wir noch 360 Kg zuladen können. Das sollte in jedem Falle für uns reichen.
Update
Nach mittlerweile gut 3.000 Kilometern hat sich der Gesamtverbrauch bei 9,3 Litern auf 100 Kilometern eingependelt. Auf der Autobahn benötigt der Wagen zwischen 9 und 11 Litern, je nach Fahrweise natürlich. Über Landstraße sind es mittlerweile nur noch zwischen 8 und 9 Liter. Das finde ich für so ein großes Fahrzeug erstaunlich gut.
Den Fahrradträger lasse ich dauerhaft zu Hause. Von unseren KTM E-Bikes nehme ich vor der Verladung jeweils das Vorderrad raus. Dann passen beide sehr gut in die Heckgarage. Da finde ich sie viel besser aufgehoben. Sie verschmutzen dort nicht während der Fahrt und sie sind vor Blicken und Entwendung geschützt.
Für beide Betten habe ich jeweils einen 5 Zentimeter dicken Topper besorgt. Der Schlafkomfort hat deutlich zugenommen. Die Rückenschmerzen sind passe.
Das Wasserproblem ist bisher nicht wieder aufgetreten. Mittlerweile denke ich aber über ein neues Radio nach. Ob ich mich, wie bei Luigi, wieder für ein Android Radio entscheide, weiß ich aber noch nicht genau.
8 Gedanken zu “Hymer Exsis I-414 – Hilde Hymer”